Im digitalen Rechnungswesen gehen alle Transaktionen vollkommen automatisiert durch die Buchhaltungswelt. Am Ende des Tages fließt alles zusammen durch Systeme, die miteinander kommunizieren und durchgehend harmonisiert sind, ohne Medienbruch. Unternehmen arbeiten konzernweit mit einer einheitlichen ERP-Lösung, haben konzernweit vereinheitlichte Richtlinien und Standards, dokumentierte Prozessprüfungen zu allen Schnittstellen sowie einen einheitlichen Kontorahmen und die Konzernmutter hat stets Echtzeit-Zugriffe auf alle Buchhaltungen ihrer Töchter und Enkel, die Detailanalysen über den Status von laufenden operativen Geschäftsfällen inklusive einer Cash-Flow Berechnung liefern und alle Informationen automatisch zu Monats- und Quartalsberichten verarbeiten. Alle Belege sind digitalisiert und liegen jederzeit abrufbar in einer komplett digitalen Ablage im Datenmanagementsystem eines Cloud-Anbieters, der für die Datensicherung, Aktualisierung und Wartung des Systems zuständig ist. Die Unternehmen sind vom Aufwand der Dokumentenaufbewahrung und -sicherung befreit und müssen sich diesbezüglich um nichts mehr kümmern.
Na gut, Schluss mit Träumen… zurück in die Realität 😊. Aber Fakt ist: die Zeiten der Ärmelschoner und Durchschreibebuchhaltungen sind vorbei, das Rechnungswesen der Zukunft ist jedenfalls digital. Es wird nicht alles automatisiert sein, das Mitdenken und der Hausverstand können nicht ersetzt werden. Dennoch, es werden heute wesentlich größere Volumina mit entscheidend weniger Manpower abgewickelt. Aber die Implementierung der Digitalisierung ist schleppend und Digitalisierung ist nicht gleich Digitalisierung, die Bandbreite reicht von papierloser Buchhaltung bis hin zu Cloud Computing. Während in manchen Unternehmen bereits größtenteils automatisiert und papierlos gearbeitet wird, stehen viele noch am Beginn ihrer digitalen Bestrebungen.
Die Bereiche der Ausgangsrechnung und der Bankbuchung sind nach wie vor jene, wo die derzeitigen Möglichkeiten der Digitalisierung am stärksten genutzt werden. Es erfordert immer noch Zeit die Prozesse aufzusetzen, aber es lohnt sich – beide Prozesse bringen ausschließlich Vorteile.
Schwieriger ist das Thema rund um die Eingangsrechnung. Obwohl in diesen Bereich bereits seit Jahren die meisten Automatisierungsbemühungen fließen, ist dieser Bereich nicht zu bändigen. Man könnte schon meinen, der Purchase-to-Pay-Prozess mutiert zum „Heiligen Gral“ der Digitalisierung des Rechnungswesens. Der Prozess der Eingangsrechnungen ist komplex, das Buchen selbst geht schnell aber die richtige Zuordnung von Konto und Steuersätzen ist heikel. Eine falsche Zuordnung führt schnell zu steuerlichen Fehlbuchungen, umfassenden Korrekturen bei Prüfungen aber auch zu einer Verschiebung zwischen Kontenklassen und damit zu einer Verwässerung von Kennzahlen. Bis heute ist es kaum möglich den gesamten Prozess des Eingangsrechnungsbereiches – von der Erfassung bis zur Zahlung und der digitalen Ablage – vollkommen automatisiert abzuhandeln.
Die nach wie vor „digitalen Hauptarbeiten“ in der Buchhaltung sind die manuelle digitale Ablage der Belege, mittels Scan nach der Zahlung der Rechnung und die Verbuchung von Daten mittels Import von Schnittstellen.
Der klingende Begriff Robotics hat es zwar noch nicht in den Buchhaltungsalltag geschafft, aber in Vorsystemen wie z. B. bei Genehmigungsflüssen und Workflows zur Rechnungsfreigabe oder bei Nacharbeiten wie der Berichterstattung oder Reporterstellung sind Roboter-Lösungen schon sehr gut eingesetzt. Es sind bereits gute Lösungen vorhanden, die die nötigsten Informationen automatisch zu einem täglichen „Guten-Morgen-Report“ für das Management verdichten und diesen automatisch in der Früh in das E-Mail-Postfach der Geschäftsleitung übermitteln. Doch auch hier gilt, dass der Prozess erst von einem Menschen aufgesetzt werden muss und die Lösung nur so gut arbeitet, wie sie mit Daten und Informationen bestückt wurde. Also eine tagesaktuell aufgebuchte Buchhaltung bleibt auch im digitalen Rechnungswesen nicht erspart.
Jedenfalls aber setzen Automatisierungsmaßnahmen letztendlich zeitliche Ressourcen frei, viele Standardprozesse können automatisiert werden, aber es wird immer jemanden benötigen der mitdenkt und erklären kann, wie ein Wert zustande gekommen ist. Damit sind die Grenzen der Digitalisierung im geistigen Bereich gesetzt.
Die Digitalisierung spricht auch Themen wie Sicherheitsmaßnahmen, interne Kontrollen und Compliance an, des Weiteren müssen die IT-Systeme ausreichend Kapazität zur Verfügung stellen, für die Digitalisierung wird Top-Qualität der Hard- und Software benötigt. Die Ursachen für eine Verzögerung der Digitalisierung im Rechnungswesen sind meist fehlende Planung, Zeitressourcen, technische Voraussetzungen, Umstellungskosten und veraltete Strukturen sowie auch manchmal unmotivierte Mitarbeiter.
Digitalisierung ist keine einmalige Maßnahme, sondern ein stetiger Prozess und erfordert eine sinnvoll durchdachte Planung
Dennoch: Richtig ein- und umgesetzt, ermöglicht die Digitalisierung des Rechnungswesens eine Steigerung von Effizienz und Qualität und ist ein großer Schritt zu einer modernen und flexiblen Organisation. Die Vergangenheit hat bereits des Öfteren gezeigt, dass auch große erfolgreiche Unternehmen nicht vom Untergang gefeit sind, wenn sie Innovationen negieren – denn
„Nicht die Großen fressen die Kleinen, sondern die Schnellen überholen die Langsamen.“ – Eberhard von Kuenheim
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