Das Rechnungswesen der Zukunft ist für die Buchhalterinnen und Buchhalter möglichst einfach gestaltet. Einfache Standardtransaktionen, alle Buchungen von bestehenden Lieferanten und Kunden innerhalb eines standardisierten Rahmens, gehen mehr oder weniger automatisch durch die Buchhaltungswelt. Die Systeme sind so automatisiert und entwickelt, dass diese Transaktionen nicht mehr manuell geprüft werden müssen, dies wird vom System erledigt. Die Arbeitszeit der Buchhalterinnen und Buchhalter wird für Spezialfälle und hochwertigere Aufgaben eingesetzt, immer mit dem großen Ziel, ein Maximum an Ressourcen in das operative Tagesgeschäft und die Entwicklung des Unternehmens einzubringen.
Vereinheitlichung der Systeme
In Zeiten der Veränderung und Entwicklung besteht die Herausforderung darin, alles auf einen Nenner zu bringen. Für die Digitalisierung im Rechnungswesen ist das die Einheitlichkeit der Systeme. Ist die Hürde eines einheitlichen Dateiformats innerhalb Österreichs bzw. idealerweise innerhalb Europas einmal genommen, steht einer vollkommenen Digitalisierung des Rechnungswesens nichts mehr im Weg. Dann werden nur mehr Datensätze ausgetauscht, die alle nötigen Informationen enthalten, in einem Format, das jedes System versteht und von den einzelnen Programmen visualisiert werden kann. Als einen ersten Schritt würde eine vollkommene Automatisierung des Eingangsrechnungs-Prozesses sowie ein einheitliches Dateiformat für Eingangsrechnungen, das bereits alle benötigten Daten für eine digitale Verarbeitung mitschickt, die Digitalisierung im Rechnungswesen einen großen Schritt nach vorne bringen.
Das Rechnungswesen der Zukunft ist systemseitig durchgehend harmonisiert, über eine integrierte Lösung, ohne Medienbruch und mit Systemen, die miteinander kommunizieren. Ausgerollt auf eine Unternehmensgruppe bedeutet dies, in den einzelnen Unternehmen keine unterschiedlichen Softwarelösungen zu haben, sondern auf einer einheitlichen ERP-Lösung zu arbeiten und idealerweise seitens der Konzernmutter in Echtzeit auf die Buchhaltungen der Konzerntöchter zugreifen zu können. Konzernweit vereinheitlichte Richtlinien und Standards sowie dokumentierte Prozessprüfungen zu allen Schnittstellen gehören dabei ebenso zu einem Rechnungswesen der Zukunft wie ein einheitlicher Kontorahmen.
Am Ende des Tages fließt alles in einem System zusammen. Das Buchhaltungssystem liefert Detailanalysen in Echtzeit über den Status von laufenden operativen Geschäftsfällen inklusive einer Cashflow-Berechnung und verarbeitet alle Informationen automatisch zu Monats- und Quartalsberichten. Im Bereich Reporting gibt es bereits große Entwicklungspotenziale über Roboterlösungen, die alle nötigen Schritte der Reporterstellung automatisch über Nacht durchführen und täglich morgens den aktuellen Report für die Unternehmensleitung zur Verfügung stellen.
Veränderung der buchhalterischen Umwelt
Das Rechnungswesen der Zukunft ist integrierter und voll automatisiert. In den Buchhaltungsabteilungen wird nichts mehr manuell verarbeitet, die Tätigkeiten sind Kontrollen und Plausibilitätschecks. Es werden Systeme zusammengeführt und kontrolliert, womit die volle Energie und Kapazität der Arbeitskraft in Planungen, Finanzpläne und Strategien fließen kann. Das Rechnungswesen der Zukunft ist Sparring-Partner für die Unternehmer, damit diese schnelle und fundierte Entscheidungen treffen können.
Für die Buchhalterinnen und Buchhalter bedeutet dies, dass ihr Fachwissen nach wie vor unentbehrlich ist, IT-Kompetenz aber eine essenzielle Bedeutung erlangt hat. Die Buchhalterinnen und Buchhalter müssen nicht nur wissen, wie ein Buchungssatz aufgesetzt wird, sondern auch, wie er im Buchhaltungssystem eingepflegt und abgebildet wird. Prüfungen jeglicher Art werden elektronisch abgewickelt und alle entsprechenden Unterlagen digital zur Verfügung gestellt. Dies führt zu einer komplett digitalen Ablage in einem Datenmanagementsystem. Das wird einerseits eine Flexibilität des Arbeitsplatzes ermöglichen und andererseits die Räumlichkeiten der Buchhaltung von Equipment befreien. Der Trend der Auslagerung der IT in Cloud Services wird sich fortsetzen. Die gesamten Daten lagern außerhalb des Unternehmens im World Wide Web bei einem Cloud-Anbieter, der für die Datensicherung, Aktualisierung und Wartung des Systems zuständig ist, und die Unternehmen sind vom Aufwand der Dokumentenaufbewahrung und -sicherung befreit. Im Rechnungswesen der Zukunft ist räumliche Distanz kein Problem mehr, mit einem Remote-Einstieg oder einer App ist der Zugang zum Buchhaltungssystem des Unternehmens ort- und zeitunabhängig möglich. Informationen werden am Smartphone zur Verfügung gestellt und der Empfänger wird per Kurzmitteilung oder E-Mail über anstehende Aufgaben informiert. Das Internet sowie Web- und Cloud-Dienste bringen für das Rechnungswesen viele Möglichkeiten und werden ein großer Bestandteil des Rechnungswesens der Zukunft sein.
Grenzen der Digitalisierung bestehen auch im Rechnungswesen der Zukunft im fachlichen und analytischen Bereich, steuerrechtliche und komplexere Fragen und Beurteilungen können von künstlicher Intelligenz (noch) nicht bearbeitet werden. Somit werden die Buchhalterinnen und Buchhalter als Personen bleiben, die geschlossene Rechnungswesensabteilung als solche könnte sich jedoch auflösen. Als mögliches Zukunftsbild wäre es denkbar, dass jede Abteilung ihre eigenen Buchhaltungsmitarbeitenden bzw. Finanzexperten hat. Gewiss wird es eine zentrale Stelle geben, in der alle Fäden zusammenlaufen, aber für die fachlichen Themen könnte es für die jeweilige Abteilung zuständige Buchhalterinnen bzw. Buchhalter geben.
Neben aller Digitalisierung und Cloud-Diensten muss ein reibungsloser Ablauf des operativen Tagesgeschäfts gewährleistet sein. Ohne eine Zusammenarbeit mit den Kunden und Lieferanten kann ein Unternehmen nicht gewinnbringend geführt werden. Die individuellen Rahmenbedingungen eines Unternehmens werden immer ein entscheidender Faktor sein, sowohl die des eigenen als auch die des Partnerunternehmens. In der Zusammenarbeit mit externen Partnern bestehen Verpflichtungen, und ein gesicherter Austausch muss sichergestellt werden.
Die Technologien entwickeln sich in einem rasanten Tempo. Digitalisierung ist keine einmalige Maßnahme, sondern ein stetiger Prozess. Gleichwohl ist das Thema Digitalisierung derzeit so gegenwärtig, dass sich Softwarelösungen in Monatsschritten verbessern: Was heute noch nicht möglich ist, ist morgen schon veraltet. Die Anforderungen an das Rechnungswesen werden laufend umfangreicher und komplexer, und die Softwareanbieter reagieren umgehend mit einer bereits zur Implementierung fertigen Lösung. Dies ist ein ewiger Kreislauf, und derzeit weiß noch niemand, in welche Richtung er sich entwickeln wird. Wie so oft werden höchstwahrscheinlich Neuerungen auf uns zukommen, von denen wir heute noch keine Vorstellung haben. Wohin auch immer der Weg führen wird, Digitalisierungs- und Automatisierungsprozesse können keiner Generalnorm unterzogen werden. Jedes Unternehmen muss individuell für sich entscheiden, welche Prozesse für sein Rechnungswesen sinnvoll sind. Bei kleinen Unternehmen kann es durchaus sein, dass die Führung einer manuellen Buchhaltung – sofern dies gesetzlich noch zulässig sein wird – effizienter ist.
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