Spricht man von Digitalisierung im Rechnungswesen, sind die vorrangig genannten Themen die automatische Verbuchung von Eingangsrechnungen, eine damit verbundene digitale Ablage der Rechnungen sowie die „papierlose Buchhaltung“. Am weitesten fortgeschritten ist die Digitalisierung in Österreichs Rechnungswesensabteilungen im Bereich der Erstellung und Verbuchung der Ausgangsrechnung sowie bei der Verbuchung der Lieferanten- und Kundenzahlung.
Die Notwendigkeit einer Digitalisierung ist in den Abteilungen für Rechnungswesen der österreichischen Unternehmen angekommen. Die zwei Bereiche, in die die stärksten Automatisierungsbemühungen fließen, sind der Eingangsrechnungsbereich und der Ausgangsrechnungsbereich. Aufgrund des größeren Belegaufkommens und des höheren Automatisierungspotenzials wird vorrangig im Eingangsrechnungsbereich eine vollkommene Automatisierung angestrebt. Dennoch ist der Grad der Digitalisierung und Automatisierung im Ausgangsrechnungsbereich regelmäßig höher als im Eingangsrechnungsbereich. Die elektronische Rechnung sowie eine papierlose Buchhaltung in Form einer Ablage in einem Datenmanagementsystem weisen ebenfalls ein hohes Digitalisierungspotenzial auf und stehen im Fokus der Unternehmen. Obwohl die uneingeschränkten gesetzlichen Bestimmungen für eine komplett digitale Archivierung bereits vorliegen, vernichtet nur ein geringer Prozentsatz der Unternehmen die Originalbelege. Um die Sicherheit und die Erfüllung der gesetzlichen Aufbewahrungspflichten zu gewährleisten und um Originalbelege nach der elektronischen Archivierung vernichten zu können, bedarf es eines revisionssicheren Belegarchivs.
Somit ist die Digitalisierung im Rechnungswesen angekommen. Aber was bedeutet das für die Buchhaltung?
Elektronisch eingehende Lieferantenrechnungen können nach interner Prüfung und Freigabe mittels eines elektronischen Abgleichs der Bestellung und Workflow-Freigabeprozess direkt über eine Schnittstelle im Buchhaltungssystem des Unternehmens erfasst und umgehend mit einer elektronischen Sammelüberweisung bezahlt werden.
Ausgangsrechnungen werden automatisch generiert, im Buchhaltungssystem als Umsatz erfasst und an die Kunden automatisch per E-Mail versandt. Die dazugehörigen Bewegungen auf den Bankkonten werden täglich aus dem System der Bank in die Bücher des Unternehmens übernommen und den entsprechenden Posten zugeordnet.
Elektronische Kassensysteme sind nicht nur direkt mit der Finanzbehörde, sondern auch mit dem eigenen Buchhaltungssystem verbunden. Auf diese Art generierte Umsätze werden per Schnittstelle direkt in das Buchhaltungssystem übernommen.
Ebenfalls durch eine automatische Schnittstelle wird die Lohnabrechnung in der Buchhaltung des Unternehmens abgebildet.
Umsatzsteuererklärungen werden automatisch aus dem Buchhaltungssystem generiert und an das Finanzamt über eine Schnittstelle übermittelt.
Die Ablage aller Belege erfolgt digital in einem Dokumentenmanagementsystem (DMS). Die einzelnen Belege der Buchhaltung sind den jeweiligen Buchungszeilen im Buchhaltungssystem zugeordnet und können jederzeit bei Bedarf eingesehen und auch digital weitergeschickt werden.
Eine elektronische Datenarchivierung gilt nicht nur für Belege zur Dokumentation der laufenden Buchhaltung, jegliche Dokumente und Informationen können im Dokumentenmanagementsystem digital archiviert und den entsprechenden Posten zugeordnet werden.
Viele Unternehmen setzen Digitalisierung im externen Rechnungswesen auch heute noch mit papierloser Buchhaltung gleich. Während in manchen Unternehmen bereits größtenteils automatisiert und papierlos gearbeitet wird, stehen viele noch am Beginn ihrer digitalen Bestrebungen. In den operativen Abteilungen des Rechnungswesens wird derzeit noch etliches manuell verarbeitet, und von einem papierlosen Büro ist so manches Unternehmen noch meilenweit entfernt.
Als Hauptargumente für die Digitalisierung können in den meisten Unternehmen die Möglichkeiten der Datensicherung und langfristigen Aufbewahrung der Belege in einem Medium sowie die damit verbundene schnellere Auffindbarkeit angeführt werden, gleichwohl viele der Unternehmen die Möglichkeiten ihres derzeit verwendeten ERP-Systems nicht zur Gänze ausschöpfen. Bei der digitalen Archivierung werden sowohl Dokumentenmanagementsysteme als auch die Ablage in der Ordnerstruktur des Betriebssystems verwendet. Die Ablage in einer Cloud wird noch von wenigen Unternehmen genutzt. Ausschlaggebend dafür sind Sicherheitsbedenken. Durch die neuen Technologien wie Cloud Services und die Nutzung von sozialen Netzwerken vergrößern sich auch die potenziellen Risiken, wodurch eine Erhöhung der Sicherheitsmaßnahmen nötig wird.
Durch die Möglichkeit der Kommunikation per E-Mail kann man schneller und einfacher kommunizieren und in Verbindung bleiben. Belege werden digital übermittelt und, wenn möglich, digital abgespeichert. Auch hier muss zwischen kleinen und großen Unternehmen unterschieden werden. Kleine Unternehmen haben eine deutlich geringere Anzahl an Belegen und ihre Buchhaltung meist an einen Steuerberater ausgelagert, der seine Mandanten bei der Digitalisierung unterstützt. Unter diesen Voraussetzungen digitalisiert es sich leichter. Veränderungen bestehen derzeit eher in den Systemen selbst. Diese sind besser, schneller und benutzerfreundlicher geworden und können ganze Prozessketten abbilden. Aber Prozesse müssen korrekt aufgesetzt werden, ohne den Aufwand einer Prozessimplementierung zu unterschätzen. Dies ist mit einigem Aufwand verbunden und bringt nicht immer eine Arbeitserleichterung mit sich. Eine Digitalisierung und Automatisierung von Standardprozessen, die immer gleich bleiben, ist mittlerweile gut umsetzbar. Für komplexere Prozesse gestaltet sich das schon wesentlich schwieriger. Ein Digitalisierungsprozess nimmt häufig mehr Zeit in Anspruch als erwartet oder gewünscht. Es sind langfristige Prozesse, und die Änderungen verlaufen oftmals schleppend.
Die Prozesse, in die derzeit die meisten Automatisierungsbemühungen gesteckt werden, sind der Purchase-to-Pay-Prozess (PtP) und der Order-to-Cash-Prozess (OtC).
Purchase-to-Pay-Prozess (PtP) (Lieferantenrechnungen) - In den Purchase-to-Pay-Prozess (PtP) fließen mit Abstand die meisten Automatisierungsbemühungen. Gleichzeitig weist er derzeit noch einen der geringsten Digitalisierungsgrade auf. Der Purchase-to-Pay Prozess beinhaltet alle Tätigkeiten, die den Einkauf von Waren und Dienstleistungen umfassen, einschließlich Bestellung und Erfassung des Wareneingangs, Verbuchung der Eingangsrechnung sowie Bezahlung des Lieferanten. Die größten Hürden bei der Digitalisierung dieses Prozesses sind die nach wie vor hohe Anzahl an Rechnungen in Papierform sowie der Prozess der Rechnungsfreigabe mittels eines elektronischen Workflows im Unternehmen selbst. Dennoch sind die Bestrebungen sinnvoll: Die Verknüpfung der Bestellung mit der Rechnung des Lieferanten und ein folgender automatischer Abgleich, kombiniert mit einem Eingangsrechnungs-Workflow und einer automatischen Erfassung der Lieferantenrechnung im Buchhaltungssystem, haben erhebliches Automatisierungspotenzial. Der daran anschließende, aber davon unabhängige Prozess der Zahlung der Lieferantenrechnung durch einen automatischen Zahlungsvorschlag aus dem Buchhaltungssystem erfolgt bereits bei sehr vielen Unternehmen digital und hat einen der höchsten Automatisierungsgrade.
Order-to-Cash-Prozess (OtC) (Kundenrechnungen) - Der Order-to-Cash-Prozess (OtC) hat regelmäßig einen höheren Digitalisierungsgrad. Der OtC-Prozess umfasst alle Bereiche von der Bestellung des Kunden über die Warenauslieferung bzw. Dienstleistungserbringung bis zur Zahlung durch die Kunden. Den Prozess der Erstellung der Ausgangsrechnungen sowie deren automatische Verbuchung haben die meisten Unternehmen bereits automatisiert. Dieser Vorgang weist den höchsten Automatisierungsgrad in Österreichs Rechnungswesensabteilungen auf. Die an den OtC-Prozess anschließende Erfassung der Kundenzahlung zeigt noch einen wesentlich geringeren Automatisierungsgrad, würde aber im Vergleich zu einer händischen Erfassung, bei korrekt aufgesetzter Implementierung, eine Zeitersparnis von über 50 % bringen.
Die Digitalisierung wird in den kommenden Jahren eine große Rolle im Rechnungswesen spielen. Dies erfordert umso mehr eine sinnvoll durchdachte Planung des digitalen Transformationsprozesses des Rechnungswesens. Maßnahmen sind nicht auf jedes Unternehmen gleich übertragbar. Jedes Unternehmen muss individuell betrachtet und es muss gut überlegt werden, was automatisiert werden kann und wo es sinnvoll ist. Sinnvollerweise werden auch vorgelagerte Prozesse in die Überlegungen miteinbezogen, wobei zu beachten ist, dass die fortschreitende Digitalisierung auch Themen wie interne Kontrollen und Compliance anspricht.
Die Zeiten der Ärmelschoner und Durchschreibebuchhaltungen sind zweifelsohne vorbei, und eine neue Zeit ist angebrochen. Manche würden sich eine schnellere Entwicklung wünschen, aber Veränderungsprozesse benötigen Zeit. Nicht nur die betroffenen Mitarbeitenden sind der Veränderung unterzogen, auch festgefahrene Unternehmensstrukturen müssen aufgebrochen werden. Am Ende der Entwicklung werden für das Rechnungswesen vereinfachte Abläufe und Prozesse stehen – doch den Unternehmen steht bis dahin noch eine herausfordernde Zeit bevor.
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