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  • AutorenbildCarola Berthold

Hürden der Digitalisierung im Rechnungswesen


Ein digitales Rechnungswesen steht heute bei vielen Unternehmen ganz oben auf der Wunschliste, jedoch abseits einer digitalen Übermittlung und Ablage der Belege geht die Digitalisierung derzeit eher noch schleppend voran. Die großen Umwälzungen und Veränderungen im Rechnungswesen sind noch nicht ersichtlich.


Dennoch ist man sich grundsätzlich einig, die vollkommene Digitalisierung des Rechnungswesens ist nicht aufzuhalten, lediglich betreffend die Zeitspanne gibt es unterschiedliche Meinungen. Wo Software-Experten und Digitalisierungsspezialisten von einem Zeitrahmen von maximal fünf Jahren ausgehen, sind Führungskräfte des Rechnungswesens deutlich vorsichtiger und gehen von einer Zeitspanne bis zu zehn Jahren aus. Mitunter liegt dies vorrangig an ihrem direkten Arbeitsfeld. Für die Abteilungsleiter ist die Digitalisierung des Rechnungswesens ein zusätzliches Projekt, das sie neben ihrem operativen Tagesgeschäft zu bewältigen haben. Sie benötigen die entsprechenden Ressourcen und Mitarbeitenden, um den Digitalisierungsprozess umsetzen zu können, womit sie bereits vor den ersten großen Herausforderungen stehen.


Entscheidende Hürden auf dem Weg zu einer erfolgreichen Digitalisierung des Rechnungswesens bestehen zweifelsohne darin, motivierte Teammitglieder für den Veränderungsprozess zu haben und die technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Die rasante technologische Entwicklung und die damit verbundene große Auswahl an IT-Lösungen und Softwareanbietern macht das nicht einfacher. Aber gerade die richtige IT-Lösung ist entscheidend. Mit der Digitalisierung erhöht sich das Datenvolumen drastisch und die IT-Systeme müssen ausreichend Kapazität zur Verfügung stellen, um einen reibungslosen Arbeitsablauf zu gewährleisten. Ebenso muss für das Unternehmen die passende IT gefunden werden, um zumindest einen Großteil der Daten in einem System abzubilden und Insellösungen zu vermeiden. Ein weiterer Punkt ist die Gewährleistung der Sicherheit der eingesetzten Systeme und Daten. Sicherheitsvorkehrungen müssen sinnvoll und konsequent eingesetzt werden, um diesen sensiblen Bereich zuverlässig zu schützen. Oftmals fehlt aber in den Unternehmen auch das für derartige Entscheidungen erforderliche Know-how.

Ursachen für die Verzögerung der Digitalisierung des Rechnungswesens:

  • Fehlende Planung - Der Digitalisierungsprozess wird im Vorfeld nicht ausreichend durchdacht und geplant. Es fehlt an Zeit- und Personalressourcen sowie an definierten Prozessen.

  • Zeitfaktor - Die täglichen, wöchentlichen und monatlichen Herausforderungen sind zu groß, und es bleibt zu wenig Zeit, die strategischen Themen anzugehen. Die zeitlichen Ressourcen sind zu stark im Tagesgeschäft gebunden.

  • Fehlende Kompetenzen - Oft fehlen die entsprechenden Fachkenntnisse und aber auch das Interesse an der Umsetzung. Wenn sich die Schlüsselpersonen nicht zu 100 % involvieren, bleibt viel auf der Strecke. Die Koordination und Kooperation mit anderen Abteilungen sind erfolgsentscheidend. Dies erfordert von den Mitarbeitenden Kommunikations- und Veränderungsbereitschaft.

  • Sicherheit und Kontrollsystem - Die Auflagen in Richtung Sicherheit und Kontrollmechanismen sind sehr hoch, und das Berechtigungssystem zieht einen enormen bürokratischen Aufwand nach sich. Es gilt, die Frage zu klären, wer die Standards definiert und wer das Berechtigungssystem verwaltet.

  • Technische Voraussetzungen - Die technischen Voraussetzungen sowie die benötigte Systemlandschaft müssen gut geplant werden, je nach Unternehmensgröße kommen unterschiedliche Herausforderungen und Anforderungen auf die Unternehmen zu.

  • Umstellungskosten - Umstellungskosten sind nicht zu vernachlässigen, und oft bleibt es nicht bei der ersten Anschaffung oder der ersten Kostenaufstellung. Im Zuge einer Implementierung tauchen immer wieder zusätzliche Kosten auf. Der Kostenfaktor ist entscheidend, diese Kosten müssen wieder erwirtschaftet werden.

  • Veraltete Strukturen - Oft wollen Unternehmen die Methoden von heute und morgen in Strukturen von gestern und vorgestern anwenden, was nicht funktioniert. Bevor mit der Implementierung einer Digitalisierung begonnen wird, ist es wichtig, die vorhandenen Strukturen und Abläufe auf Sinnhaftigkeit und Effizienz zu prüfen.


Die Technische Universität Wien hat nach einer Studie zur Digitalisierung der Wiener Wissensdienstleister acht konkrete Handlungsempfehlungen für den digitalen Transformationsprozess erarbeitet. Diese wurden in einem Artikel vorgestellt und können zweifelsohne für jede Branche angewendet werden: https://computerwelt.at/news/studie-der-tu-wien-wiener-wissensdienstleister-treiben-digitalisierung-voran/


Handlungsempfehlungen für den digitalen Transformationsprozess:

  • Bedenken an der Digitalisierung nicht als Grund für Inaktivität vorschieben – nur Unternehmen, die sich aktiv mit der Digitalisierung auseinandersetzen, können Entwicklungen beeinflussen.

  • Die Generationenfrage beim Thema Digitalisierung bewusst einblenden – der richtige Mitarbeitermix aus Digital Natives und Digital Immigrants ist ein Erfolgsfaktor.

  • Nicht pauschal das gesamte bestehende Geschäftsmodell austauschen – digitale Transformation bedeutet, das eigene Geschäftsmodell zu überdenken, nicht aber zwingend, es gegen ein voll digitalisiertes auszutauschen.

  • Digitalisierung in jenen Prozessen einsetzen, die am „schlechtesten“ laufen – die größten Vorteile der Digitalisierung zeigen sich bei internen Prozessen. Verbesserungen in Prozessen, die nicht ideal verlaufen, bringen einen besseren Effekt.

  • Im Unternehmen vorhandene digitale Technologien nutzen, statt blind in neue Technologien investieren – erst mit den bestehenden digitalen Systemen beschäftigen und durch Integration und Vernetzung brachliegende Synergiepotenziale heben.

  • Die Disziplin der Mitarbeitenden im digitalen Unternehmensraum entwickeln – als Ansatz gilt: weniger, dafür ordentlich! Einfache digitale Systeme sind umfassend zu nutzen und zu pflegen.

  • Von digitalen Vorreiterbranchen etwas abschauen – nicht jedes Unternehmen muss das Rad neu erfinden, Ideen können aus branchenfremden Ansätzen abgeleitet werden.

  • Partnerschaften eingehen, um die eigenen digitalen Kompetenzen zu erweitern – digitale Kompetenzen können selten alle im eigenen Unternehmen gestellt werden, gezielte Partnerschaften unterstützen dabei.


Eine vollkommene Digitalisierung hört sich reizvoll an, doch ist zu unterscheiden, was ein Rechnungswesen wirklich optimiert oder was andernfalls einen unnötigen Mehraufwand generiert, der unter Umständen mehr Nachteile als Vorteile bringt und eine Digitalisierung sogar zum Scheitern bringen kann. Für eine erfolgreiche Implementierung eines digitalen Rechnungswesens ist ein an das Unternehmen individuell angepasster strategischer Plan, der Schritt für Schritt umgesetzt werden kann, essenziell.


Erste Schritte zur Vorbereitungen des Digitalisierungsprozesses

  • Technik - Eine Optimierung der Systemlandschaft und der Systeme für die technischen Gegebenheiten und die umfangreichen Datenmengen ist genauso unerlässlich wie die Anpassung von Sicherheitsmaßnahmen.

  • Organisation - Überarbeitung von Abläufen und Verantwortlichkeiten sowie das Ersetzen von Legacy-Systemen und nicht optimierten Prozessen.

  • Mitarbeitende - Die Einbindung der Mitarbeitenden des Rechnungswesens in den Transformationsprozess von Beginn an sowie eine zeitnahe Schulung für die neuen und veränderten Aufgaben sind entscheidend. Die digitale Technik vom Netzzugang bis zur Nutzung von Endgeräten sollte täglich eingesetzt und zur Selbstverständlichkeit werden.

  • Partner - Interne wie externe Partner sollten rechtzeitig in den digitalen Prozess eingebunden werden. Die Vollständigkeit und Aktualität digitaler Daten muss gewährleistet sein, damit Lieferanten Rechnungen digital senden und Kunden Rechnung digital empfangen können.

Große Umstellungen binden immer enorme Ressourcen jeglicher Art. Im Regelfall wird für einen im Vorfeld schwer zu bestimmenden Zeitraum ein höherer Bedarf an Personal benötigt, und es geht sowohl bei als auch nach der Umsetzung eines Digitalisierungsprozesses die Zeitkurve vorerst nach oben. Dennoch: Richtig ein- und umgesetzt, ermöglicht die Digitalisierung des Rechnungswesens eine Steigerung von Effizienz und Qualität und ist ein großer Schritt zu einer modernen und flexiblen Organisation.



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